Auf einem Walk durchs Eichholz halte ich an ausgewählten Stellen an, um dem Publikum eigene Texte vorzulesen, die sowohl das Aufeinandertreffen von Architektur und Landschaft als auch unscheinbarere Spuren menschlicher Tätigkeiten im Wald zum Klingen bringen. Die Texte sind zusammen mit Fotografien in einem Buch versammelt, das für eine selbständige Begehung benützt werden kann.
Nach der Bahnunterführung sieht man bereits den Eichholzwald in der Verlängerung des Klosterwegs, der die Wiese überquert. Nun geht die Quartierstrasse den Hügel hinauf und auch hier wurde dicht gebaut – jeden Quadratmeter in die Höhe gezogen stehen die Wohnblöcke gedrängt und nehmen sich gegenseitig die Aussicht. An einer Strassenecke steht noch ein altes Haus mit Satteldach und es ist das einzige mit einem Garten – das erste richtige Grün. Früher gab es hier wohl nur einzelne Häuser mit stattlichen Gärten und freiem Blick auf den See. Neben dem alten Haus steht ein neues, mehrgeschossiges, würfelförmiges, dahinter einer der in Pfäffikon SZ zahlreichen Baukrane. Auf der anderen Seite der Rainstrasse ein weiterer Würfel, diesmal mit Bambushecken auf der Balkonterrasse. Bambus ist in Pfäffikon der Sichtschutz Nummer eins und wird wie Meterware den Balkongeländern entlang gezogen. Im Bambus zeigt sich eine Abwehrhaltung gegen den Verlust der Privatsphäre, den der zeitgemässe Baustil mit sich bringt: Die Glasfronten sorgen nicht nur für mehr Licht in der Wohnung, sie lassen die Passanten regelrecht durch die Wohnzimmer hindurchschauen. Umso erholsamer erscheint die kleine, etwas höher gelegene Waldoase mit ihren Buchen und Haselbüschen zum Bach hin im Kontrast zu dem gartenlosen Quartier.
Beim Infopoint
Cello’s, Zentrum Staldenbach
8808 Pfäffikon SZ
Den Eindruck, den wir beim Gehen in einer Umgebung gewinnen, hängt davon ab, wie vertraut sie uns ist. Bei der Erstbegehung konstruiert man aus dem aktuell Vorgefundenen einen Eindruck, der sich meist nur wenig deckt mit dem Ortsbild, das sich aus einer Vielzahl von Begehungen ergibt.
Die Worte Robert Walsers, „ohne Achtsamkeit beachte ich alles“, heben die Aufmerksamkeit als zentralen Aspekt beim Gehen hervor. Wir befinden uns im dauernden Wechsel zwischen der Betrachtung eines Details und dem gesamthaften Erfassen der Stimmung.
Gemäss Lucius Burckhardt liegt die Wirksamkeit einzelner Stationen eines Rundgangs in deren Abfolge. Aus dieser konstruieren wir den Spaziergang als „Perlenschnur“ einzelner Eindrücke, die den besuchten Ort keineswegs in seiner Gesamtheit wiedergeben. Während des Rundgangs existieren für den Gehenden die Stationen nur nacheinander, nie aber nebeneinander. Der Wechsel von Enge und Weite des Blicks macht das Erlebnis des Rundgangs aus.
Die Bewegung des eigenen Körpers ist untrennbar mit dem Gehen verbunden. Während wir bei einem Anstieg durch körperliche Anstrengung auf uns selbst zurückgeworfen werden, verfallen wir beim Abstieg in eine Euphorie aufgrund des leichten Vorankommens. Bei langen Geraden stellt sich mitunter eine Rhythmisierung des Gangs ein, sodass ein abruptes Anhalten einer grösseren Anstrengung gleichkäme als das Weitergehen.
gabrielkuhn.ch
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