Gabriel Kuhn

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P9 art teaching

Rundgang Eichholz

Auf einem Walk durchs Eich­holz halte ich an ausgewählten Stellen an, um dem Publikum eigene Texte vorzulesen, die sowohl das Aufein­ander­treffen von Architektur und Landschaft als auch unschein­barere Spuren mensch­licher Tätigkeiten im Wald zum Klingen bringen. Die Texte sind zusammen mit Fotografien in einem Buch versammelt, das für eine selbständige Begehung benützt werden kann.

Nach der Bahn­unter­führung sieht man bereits den Eich­holz­wald in der Verlängerung des Kloster­wegs, der die Wiese überquert. Nun geht die Quartier­strasse den Hügel hinauf und auch hier wurde dicht gebaut – jeden Quadratmeter in die Höhe gezogen stehen die Wohn­blöcke gedrängt und nehmen sich gegen­seitig die Aussicht. An einer Strassen­ecke steht noch ein altes Haus mit Sattel­dach und es ist das einzige mit einem Garten – das erste richtige Grün. Früher gab es hier wohl nur einzelne Häuser mit statt­lichen Gärten und freiem Blick auf den See. Neben dem alten Haus steht ein neues, mehr­geschossiges, würfel­förmiges, dahinter einer der in Pfäffikon SZ zahl­reichen Baukrane. Auf der anderen Seite der Rain­strasse ein weiterer Würfel, diesmal mit Bambus­hecken auf der Balkon­terrasse. Bambus ist in Pfäffikon der Sicht­schutz Nummer eins und wird wie Meter­ware den Balkon­geländern entlang gezogen. Im Bambus zeigt sich eine Abwehr­haltung gegen den Verlust der Privat­sphäre, den der zeit­gemässe Baustil mit sich bringt: Die Glas­fronten sorgen nicht nur für mehr Licht in der Wohnung, sie lassen die Passanten regelrecht durch die Wohn­zimmer hindurch­schauen. Umso erholsamer erscheint die kleine, etwas höher gelegene Wald­oase mit ihren Buchen und Hasel­büschen zum Bach hin im Kontrast zu dem garten­losen Quartier.

Beim Infopoint
Cello’s, Zentrum Staldenbach
8808 Pfäffikon SZ

Aufmerksam gehen

Den Eindruck, den wir beim Gehen in einer Umgebung gewinnen, hängt davon ab, wie vertraut sie uns ist. Bei der Erst­begehung konstruiert man aus dem aktuell Vor­ge­fundenen einen Eindruck, der sich meist nur wenig deckt mit dem Ortsbild, das sich aus einer Vielzahl von Begehungen ergibt.

Die Worte Robert Walsers, „ohne Achtsamkeit beachte ich alles“, heben die Aufmerksamkeit als zentralen Aspekt beim Gehen hervor. Wir befinden uns im dauernden Wechsel zwischen der Betrachtung eines Details und dem gesamt­haften Erfassen der Stimmung.

Gemäss Lucius Burckhardt liegt die Wirksamkeit einzelner Stationen eines Rund­gangs in deren Abfolge. Aus dieser konstruieren wir den Spaziergang als „Perlenschnur“ einzelner Eindrücke, die den besuchten Ort keineswegs in seiner Gesamtheit wiedergeben. Während des Rundgangs existieren für den Gehenden die Stationen nur nacheinander, nie aber neben­einander. Der Wechsel von Enge und Weite des Blicks macht das Erlebnis des Rundgangs aus.

Die Bewegung des eigenen Körpers ist untrennbar mit dem Gehen verbunden. Während wir bei einem Anstieg durch körperliche Anstrengung auf uns selbst zurück­geworfen werden, verfallen wir beim Abstieg in eine Euphorie aufgrund des leichten Voran­kommens. Bei langen Geraden stellt sich mitunter eine Rhythmisierung des Gangs ein, sodass ein abruptes Anhalten einer grösseren Anstrengung gleichkäme als das Weitergehen.

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