Am Beispiel des Lachner Naturschutzgebietes wird das zeitgenössische Naturbild untersucht und in Form einer multimedialen Installation experimentell weitergedacht.
Die dichotome Trennung zwischen Natur und Kultur scheint einer gesellschaftlich geprägten Logik zu folgen, die seit der Aufklärung den Fortschritt über die Natur stellt. Der Schritt fort von der Natur bewegt sich allerdings im selben Sinnsystem, das in Anbetracht künstlichen Lebens und intelligenter Maschinen hinterfragt werden muss. Während die Natur zunehmend optimiert, aufgewertet, simuliert und als Produkt vermarktet wird, entwickelt sich die Technik zu einer eigendynamischen, wilden Sphäre. Eine Technosphäre, die unseren Planeten vom globalen Klimawandel über rhizomartige Netzwerke bis zu gentechnisch manipulierten Zellen derart prägt, dass der Fort-Schritt eher einem Hinein-Surfen gleichkommt und das traditionelle Sinnsystem dringend ein Update benötigt.
Die ortsspezifische Installation verbindet Pflanzen und kinetische Objekte in einer symptomatischen Intervention. Biochemische Prozesse werden mit elektrischen und algorithmischen Signalübertragungen zu einem kybernetischen System gekoppelt. Biologisch gelenkt und an eine permanente Energieversorgung gebunden, entstehen aus dem selbstregulierenden Beziehungsnetz metaphorische Gewächse, die das System mit Drohnen-Augen visieren. In der ungewohnten Symbiose übernehmen Pflanzen die Steuerung ihrer medialen Erweiterung und bilden ambivalente Blüten.
Naturschutzgebiet Lachner Aahorn,
Aussichtsturm, 8853 Lachen
13. /14. /20. /21. /24. /28. Juni,
jeweils 15 – 18 Uhr
„Im Rahmen des Aufwertungsprojektes Lachner Aahorn wurde die verloren gegangene natürliche Dynamik im Nordteil des Deltas reaktiviert. (…) Durch diese Massnahmen wurden typische Elemente einer natürlichen Aue wie vegetationslose Kiesbänke oder Bereiche mit Sträuchern und kleineren Bäumen geschaffen. (…) Um die Störungen für die Tierwelt zu minimieren und gleichzeitig den Besucherinnen und Besuchern attraktive Einblicke in die Natur zu ermöglichen, wurde eine zeitgemässe Besucherlenkung mit Holzsteg und Aussichtsturm erstellt. (…) Auf dem Steg bieten sich faszinierende Einblicke in die Schilf-Lebensräume der Wasservögel und auf die Weide der Schottischen Hochlandrinder.“1
Diese Medienmitteilung lässt auf ein zeitgenössisches Bild von Natur schliessen, welches Natur vor dem Menschen schützen und ihm gleichzeitig „attraktive Einblicke“ liefern will. Da unkultivierte Natur zunehmend rar wird, steigt die Nachfrage. Zur Aufwertung wird eine „verloren gegangene Dynamik“ nach dem Bild einer „natürlichen Aue“ rekonstruiert. Eine Dynamik, die in diesem Fall an ein Wasserwerk gekoppelt ist, wird in einer separierten Zone inszeniert und gezielt geführt. Die Natur kann nicht sich selber überlassen werden, weil dann Neophyten übernehmen, das Moor verwalden, das Bild einheimischer Natur gestört und die Eigendynamik am falschen Ort zuschlagen würde. Für das revitalisierte Landschaftsbild stellen aber weder die ausgeklammerte Kontrolle noch translokale Hochlandrinder ein Paradox dar.
1Umweltdepartement Kanton Schwyz: Medienmitteilung,
Projekt Lachner Aahorn abgeschlossen. 2010.
www.sz.ch/documents/Medienmitteilung_eroeffnung.pdf,
online 16.3.2015.
www.timoullmann.com
info@timoullmann.com